Deutschland-Rundfahrt: 6. Etappe bewältigt

10. Juli 2011 1 Von Olaf

Am Donnerstag fuhren Novizen-Freund André und ich zusammen die 6. Etappe der von www.quaeldich.de organisierten Deutschland-Tour von Linz nach Wiehl.

André konnte noch kurzfristig zwei seiner Kollegen aus dem 24-köpfigen Kader der Deutschen Post Nationalmannschaft für diese Etappe begeistern. Ich begrüßte dies sehr, da ich somit zwei weitere Helfer an meiner Seite wähnte, um die bevorstehenden Strapazen meistern zu können.

Am Vorabend ging es zur gemeinsamen Pasta-Party um mit ausreichend gefülltem Kohledydratspeicher an den Start zu gehen.

Pünktlich um 8:00h haben wir vier uns dann mit weiteren rund 150 Ausdauer-Sportlern am Startplatz vor dem Linzer Rathaus, am Marktplatz eingetroffen. Das ursprünglich 170 Teilnehmer starke Feld hatte bereits einige schmerzliche Verluste zu beklagen. Leider wurde ein Athlet bei einem Sturz so schwer verletzt, dass er zum stationären Aufenthalt ins Krankenhaus musste. Spätestens nach dieser Nachricht war jedem bewusst, dass Radsport auch sehr gefährlich sein kann. Die Organisatoren wünschten nach einem kurzen Briefing eine gute Fahrt und hielten nochmal alle Fahrer an, sich an die Richtlinien zu halten und Hindernisse sowohl akustisch wie auch per Zeichencode frühzeitg weiterzugeben.

Um das Feld auszudünnen und auch jedem seiner Leistungsstärke gerecht zu werden, wurde in fünf Gruppen gestartet. Unser Plan sah vor, in der vorletzten Gruppe (mit einem angepeilten Schnitt von 22km/h) zu starten. Somit hätten wir ja noch die ‚Dolce-Vita-Gruppe‘ als Puffer um uns bei einem Schwächeanfall ins Gruppetto einzureihen.  Unsere Kondition checkten wir kontinuierlich mit der suunto t6 Pulsuhr die wir günstig von unimall bekommen haben.

Die drei Männer der Deutschen Post Nationalmannschaft wollten sich einrollen, um drei Tage später am Hockenheimring bei einem prestigeträchtigen Rennen die gelben Trikots des Arbeitgebers auf dem Podium präsentieren zu können. Für mich hingegen ging es lediglich ums Überleben und den Olympischen Gedanken: DABEISEIN IST ALLES!

Das Orga-Team entschloss sich jedoch, die ‚Dolche-Vita-Gruppe‘ zuerst starten zu lassen, um auch diese zeitnah im Ziel in Wiehl ankommen zu lassen. Wir vier mussten nicht lange überlegen und rollten somit kurz nach 8:30h bei bereits sehr warmen Temperaturen in kurz/kurz mit dieser los. Da es direkt zum Krankenhaus hoch ging und die Steigung bekanntlich nicht ohne ist, fühlte ich mich direkt gut aufgehoben. Anders jedoch die Männer in Gelb. Als die schnellste ‚Schwarze-Gruppe‘ an uns vorbei flog waren die beiden Herren aus dem Posttower in Bonn nicht mehr zu halten. Somit blieb André –   ‚Der belgische Löwe‘ – mein einziger Verbündeter.

Auch die beiden nächstschnellsten Gruppen überholten uns im nächsten Anstieg nach Glockscheid. André und ich wurden immer ungeduldiger und wir entschlossen uns, die letzte sich bietende Möglichkeit zu ergreifen um in die von uns ursprünglich geplante ‚Gelbe Gruppe‘ zu entfliehen. Als wir nach technischem Defekt eines Mitstreiters pausieren mussten, sahen wir die Gruppe auf uns zukommen. Wir befanden uns gerade in einer der wenigen, handverlesenen flachen Passagen und mussten somit aus dem Stand heraus antreten. Wir verabschiedeten uns von der sehr sympathischen ‚Dolche-Vita-Gruppe‘ und ballerten volle Lotte los. Wer schonmal Rad gefahren ist und eine 25-köpfige Truppe mit einer Geschwindigkeit knapp unter 40km/h in der Ebene einfangen will, kann sich denken, dass hier einige Körner auf die Straße geworfen wurden… Endlich angekommen, brauchten wir dann einige Minuten um uns dann am Ende der ‚Gelben-Gruppe‘ im Windschatten von den verschossenen Körnen zu erholen. Als wir nach knapp 60km die erste Verpflegungs-Station erreichten, plagten mich erste Zweifel, ob wir Minuten zuvor einen klugen Schachzug gemacht haben…

Nach kurzer Stärkung und gebührender Huldigung der Verpflegungs-Engel ging es mit neuer Energie weiter. Leider nur 5 km bis mich auf einem Feldweg ein Hinterrad-Defekt traf. Ich hatte meinen Ruf ‚Plattfuss‘ noch nicht ausgesprochen, als mir bereits ein Helfer aus dem Service-Wagen sowie unser in jeder Sicht vorbildlich und umsichtig agierende Guide ‚Major Tom‘ zur Seite standen. In Rekordzeit wurde der Schlauch gewechselt. Ich hätte aber auch ein Ersatzrad haben können. Ohne mir die Hände schmutzig zu machen kam ich mir wie ein Profi vor und es war mir schon etwas peinlich, aber ich wollte die Truppe natürlich auch nicht durch meine dann zeitraubenden Selbstversuche unnötig warten lassen.

Es ging weiter. Leider konnte ich bis auf die Anstiege, in denen das Feld ‚freie Fahrt‘ hatte, den Streckenverlauf nicht genießen. Da ich es nicht gewohnt war, in so einer großen Gruppe zu fahren, orientierte ich mich zumeist am Hinterrad meines Novizen-Freundes und versuchte keine Schlenker zu machen. Wir führen immer im vorderen Drittel um auch möglichen Stürzen aus dem Weg zu gehen.

Nach 90km war die zweite Verpflegungs-Station erreicht und die mentale Anstrengung war keinesfalls weniger groß für mich, als die physische Komponente. Die Stimmung war jedoch großartig. Bei den heißen Temperaturen freute sich jeder auf Kaltgetränke, etwas Schatten, Kuchen, Riegel, Bananen oder sogar Nudelsalat und Würstchen. Das obligatorische Fachsimpeln über die große Anzahl der Rennboliden blieb natürlich auch nicht aus.

Die dritte und letzte Verpflegungs-Station nach 125km hätte man sich sparen können, so glaubte ich. Welch ein Irrtum! Da es nahezu immer bergauf ging (und zwar nicht gerade im Schongang) waren nach ’nur‘ 35km beide zuvor frisch aufgefüllten Trinkflaschen bis zum Überlebensschluck leer. Schließlich waren wir die ganze Zeit der prallen Sonne ausgesetzt und ich schwitzte wie ein Eskimo in der Wüste Gobi.

Nach diesem Boxenstopp nahm ich erstmals die ebenso erschöpften Mitfahrer meiner Gruppe wahr, was mich dann doch etwas beruhigte, die letzten 25km bis zum Ziel in Wiehl unbeschadet zu überstehen.

Die beiden Guides unserer Gruppe fuhren über die gesamte Distanz am Kopf bzw. Ende der Truppe und hielten ihre Schäfchen somit glänzend zusammen. Immer öfter hörten wir nun – weiterhin im ersten Drittel fahrend – das Komando ‚kürzer‘ was uns dazu aufforderte einen Gang rauszunehmen um die Gruppe zusammen zu halten.

Glücklich erreichten wir nach 6:30h Fahrtzeit, 150km und 2.600Hm mit einem Schnitt von 23km/h das Ziel in Wiehl.

Die beiden anderen Postbeamten warteten schon eine halbe Ewigkeit auf uns. Sie haben die ‚Schwarze Gruppe‘ angeführt und einen 28er-Schnitt gefahren. Da sag doch nochmal einer die Post wäre langsam…